AG Centrum Warenhaus Dresden?

Freundlich. Verständlich. Verlässlich.
Einige von Ihnen haben mich gefragt, warum ich die AG Centrum Warenhaus Dresden verlinkt habe. Eigentlich wollte ich Ihnen das schon sofort und dynamisch, wie Sie es von mir kennen, im Sommer schreiben. Seitdem schimmelt ein entsprechender Blog-Text auf meinem USB-Stick. Vielleicht habe ich mich nur nicht getraut, weil ich zu viel vom Originaltext geklaut habe? Egal, jetzt ist ja jeder Vorwurf verjährt bzw. mindestens vermonatet ;-). Der Text zur Begründung lautet jedenfalls so:

Ich muss mich outen.
Wenn meine bessere Hälfte mich nicht kontrolliert und wenn ich gerade kein Buch zum Thema „Wie erziele ich mehr Geschäftsabschlüsse mit besserer Kleidung“ gelesen habe, bestelle ich mir heimlich etwas im Quelle Katalog oder gehe ins Centrum Warenhaus.

Centrum Warenhaus?
Für mich ist es immer das Centrum Warenhaus geblieben, auch wenn es jetzt Karstadt heißt. Auch wenn ich jetzt ins neue Karstadt gehe. Und so habe ich mit Interesse bei den Dresdner Veranstaltungen des Architektursommers gelesen, dass die Arbeitsgemeinschaft Centrum Warenhaus Prager Straße am gestrigen Sonntag eine Veranstaltung über die Geschichte und die Situation des Centrum Warenhauses durchführt.

„Wie ist die Situation?
In Dresden soll ein wichtiger Teil des Stadtensembles Prager Straße abgerissen werden. Das ehemalige Centrum Warenhaus und der benachbarte Kubus, den Dresdnern bekannt als Restaurant International, müssen nach den Plänen von Stadt und Investoren einen neuen Einkaufs- und Vergnügungszentrum weichen, welches doppelt soviel Verkaufsfläche wie die Altmarktgalerie haben soll.

Das Vorhaben soll durch die deutsche Niederlassung des holländischen Projektentwicklers Multi Development realisiert werden. Die Karstadt Immobilien AG und Co KG welche beide Gebäude bisher für Verkaufsfläche nutzte, hat diese bereits an den neuen Investor verkauft.

Die einst sozialistische Vorzeigeflaniermeile Prager Straße, ein international beachteter Stadtraum von hoher Städtebaulicher und Architektonischer Qualität hat in den Jahren nach 1990 schon viele Überprägungen erfahren. Viele Details des ursprünglichen Entwurfes sind bereits nicht mehr erlebbar. Umbaut, umgebaut oder abgerissen. Schritt für Schritt wird so dieses gebaute Zeugnis der Ostdeutschen Nachkriegsmoderne unsichtbar gemacht und eine sehr eigenständige Architekturepoche aus dem gesellschaftlichen Gedächtnis gelöscht.

Mit dem Abriss des Silberwürfels und des benachbarten Restaurantgebäudes aber auch mit der Umsetzung der am Planungsleitbild Innenstadt von 1994 für diese Stelle vorgesehene Verengung der Einkaufsstraße, auf die historische Breite von 18 Metern, wird eine der wenigen funktionierenden Stadträume in Dresdens Zentrum zerstört. Kulturhistorisch wertvolle und Architektonisch einzigartige Baukörper und defakto Denkmale weichen einem weiteren zeitgenössischen und beliebig austauschbaren Handelskomplex. Schließlich wurde durch das Vorhaben auch die letzte schattenspendende Grünoase der Prager Straße vernichtet.

Welche Ziele verfolgt die Arbeitsgemeinschaft?
Die Arbeitsgemeinschaft Centrum Warenhaus ist ein Zusammenschluss von Bürgern, Bürgerinitiativen, Politikern sowie Experten aus der Architektur, Stadtentwicklung, Denkmalschutz, Soziologie und weiteren Fachrichtungen. Ihr Anliegen ist es, den geplanten Totalabriss zu verhindern und eine Integration, zumindest von Teilen des Bestandes, in die neue Planung zu erwirken. Der Arbeitsgemeinschaft geht es ausdrücklich nicht um die Verhinderung eines neuen Einkaufszentrums in der Dresdner Innenstadt.

Im Gegenteil, jede neue Einrichtung, sofern sie mit Qualitätsvoller Nutzung, Publikum ins Stadtzentrum zieht und somit für Belebung sorgt, ist gut und wichtig für eine nachhaltige Stadt. Den Einkaufszentren an den Stadträndern kann nur durch neue attraktive Angebote im Zentrum etwas entgegengehalten werden. Es geht der Arbeitsgemeinschaft darum, bei den verantwortlichen Stadt, Investoren, Sensibilität dafür zu schaffen das auch Architektur aus einer vergangenen Epoche, die ausnahmsweise einmal nicht Barock heißt, ihre Daseinsberechtigung hat.

Diese Architektur ist keine hässliche Altlast welche nur durch Abriss entschärft werden kann, sondern sie verdient es diskutiert, beachtet und mit Respekt behandelt und in eine neue Planung einbezogen zu werden. Mit seiner berühmten Fassade aus Aluminiumbeschichteten Waben steht das Centrum Warenhaus in der ersten Reihe einer Vielzahl von Qualitätsvollen Kaufhausbauten in Deutschland.

Gemeinsam mit dem benachbarten Gebäude, ehemals Restaurant International, und heute Schuhdiscount bildete es einst den glanzvollen Abschluss des international geachteten Ensembles Prager Straße und im Zusammenspiel mit den gegenüberliegenden Bauten aus den 90ziger Jahren steht es für einen lebendigen Stadtraum der von vielen Dresdnerinnen und Dresdnern tagtäglich genutzt wird. Das Centrum Warenhaus gehört zu Dresden.“

Zwischenzeitlich wurde zur zukünftigen Gestaltung ein Fassadenwettbewerb durchgeführt. Dazu schreibt die AG:

„Am 28.6.2006 wurden in einer Pressekonferenz die eingereichten Fassadenentwürfe für den Neubau an der Prager Straße präsentiert. Wir waren mit Augen, Ohren und Kamera dabei und möchten hier über einige Ergebnisse berichten.

Weitere Informationen sind der Lokalpresse zu entnehmen, die meisten Artikel finden Sie unter „presseschau“.Von den 9 eingeladenen Architektur-Büros haben 8 einen Entwurf eingereicht, nicht eingereicht haben Benoy Architects aus London.Und nun die erste gute Nachricht: Immerhin die Hälfte der Büros hat sich in ihren Entwürfen mit der vorhandenen Wabenfassade auseinandergesetzt!

Einige haben die Originalwaben in unterschiedlicher Menge wiederverwendet, das Büro Allman Sattler Wappner hat darüber hinaus sogar noch ergänzende Waben aus einem anderen, transparenten Material vorgesehen, um damit die größere neue Baumasse einkleiden zu können.

Das niederländische Architektenbüro de Architekten Cie hat mit dem Wabenmotiv gespielt und es über verschiedene Schnitte transformiert. Daraus entstand eine neue, umlaufende Netzstruktur aus Glas, Metall und Naturstein. Das Büro des niederländischen Architekten Rem Koolhaas („Office for Metropolitan Architekture“) hat das alte Kaufhaus sogar komplett stehen lassen, und über dessen Dach noch einen Betonkasten mit Parkflächen gesetzt. Um auf die geforderte Geschossfläche zu kommen, wurde das Ganze mit einem L-förmigen Riegel ergänzt und über Brücken an das Centrum angebunden – ganz ähnlich, wie die AGCW das früher bereits vorgeschlagen hatte.

Auch unter den Entwürfen ohne Waben-Verwendung waren äußerst interessante Ansätze zu entdecken, die für Dresden echte architektonische Neuerungen bedeutet hätten – hervorzuheben wären da der netzartige Entwurf des Büros Kramm + Strigl und der des Dresdner Büros Code Unique mit einer tunnelartigen Wölbung an der Südost-Ecke, die sich im Verlauf der Prager Straße zu einer Senkrechten entwickelt.

Ein Entwurf in typischer 90er-Jahre Shopping-Architektur, der im Prinzip nur die Weiterführung der bei Karstadt, Florentinum und Wöhrl schon realisierten Fassaden bedeutet hätte, konnte zum Glück keine Begeisterung bei der Jury hervorrufen.

Zum Ende der Jury-Rundgänge waren noch die Büros „Allmann Sattler Wappner“, „Peter Kulka“ und „de Architekten Cie.“ im Rennen. Letztlich kam es dann zu einem Zweikampf zwischen Kulka und den Niederländern (der Investor favorisierte diese), die Jury hat sich dann aber mit 8:3 stimmen für den Entwurf von Peter Kulka entschieden. Dieser verwendet ca. 80% der alten Aluminium-Waben des Kaufhauses wieder und legt sie wie ein mäandrierendes Band um die gesamte Fassade des neuen Kolosses. Ergänzt wird dieses silberne Band durch Streifen aus schwarzem und rötlich-golden getöntem Glas und Metall.“

Foto des Siegerentwurfs gefällig? Bitte schön hier ist es:

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